In den ersten Tagen des November 1632 rasteten fünf schwedische Kavalleristen, ein Offizier, ein Trompeter und drei Reiter, nach einem langen und beschwerlichen Marsch in Delitzsch; sie kamen von Stralsund, um dem König Gustav Adolf, welcher aus Bayern in Eilmärschen heranzog, wichtige Meldungen zu überbringen.

 

Noch hatten die schwedischen Reiter Delitzsch nicht verlassen, als plötzlich vor den Toren der Stadt eine Abteilung Kaiserlicher Infanterie mit zwei bespannten Geschützen erschien und durch einen Parlamentär die Bürger auffordern ließ, die Stadt zu übergeben.

 

Schon sollten die Tore der feindlichen Schar geöffnet werden, da wurde der schwedische Offizier durch seine Geistesgegenwart der Retter der Stadt. Schnell entschlossen gab er das Kommando: „Trompeter, steige auf den Stadtturm und blase, so kräftig, wie du nur kannst, unsere Signale!“ Schon nach wenigen Augenblicken erklangen vom Stadtturm die „Schwedischen Reitersignale“ voll und mächtig über die Stadt hin bis hinaus zu den Kaiserlichen Truppen.

 

Und die schwedischen Reitersignale, die den Kaiserlichen noch von Breitenfeld her in den Ohren klangen, hatten die erhoffte Wirkung.

 

Die Kaiserlichen stutzten bei den Klängen und zogen in der Meinung, daß in der Stadt schwedische Kavallerie lagere, schleunigst nach Lützen zu ab.

 

So wurde die Stadt durch die Kaltblütigkeit und Umsicht des schwedischen Offizirs und seines Trompeters vor einer Plünderung bewahrt. Es war an einem Sonnabend vormittags um 10 Uhr.

 

In Erinnerung an die glückliche Rettung der Stadt wurden diese Signale vom Ende des Dreißigjährigen Krieges an regelmäßig vom Breiten Turm geblasen.

 

Das dies wirklich so war, kann in einem privaten Brief eines Gottfried Krause, den er 1667 aus Delitzsch an seine Gattin schrieb, nachgelesen werden:

 

„Die Stadtzinkenisten exekutierten heute vom Thurme eine Fanfar Gustav Adolfs zur wundersam Rettung von Delitzsch.“

 

Auch in einem Kalender von 1758 ist zu lesen:

 

„Die preisische Offisiers machte die schwedische Musike auff den breitte Thurm vill Pläsir.“

 

Doch die Geschichte, in welcher Weise mit Hilfe der Trompetensignale eines schwedischen Reiterregimentes die sächsische Stadt Delitzsch gerettet wurde, war leider in Vergessenheit geraten.

Um das Jahr 1900 herum stellte ein Dr. Bitthorn aus Berlin Nachforschungen an, ob es schriftliche Überlieferungen gibt, aus denen hervorgeht, auf welche Weise mit den Schwedischen Reitersignalen die Stadt Delitzsch gerettet wurde.

 

Und er hatte auch Erfolg:

Bei einer Frau Dümchen konnte er in die handschriftlichen Aufzeichnungen einer Delitzscher Patritzierfrau aus dem Dreißigjährigen Krieg Einsicht nehmen, und fand darin die nebenstehend wiedergegebene Geschichte.

 

Dr. Bitthorn ließ im Jahre 1908 ein Heft drucken, welches neben dieser Geschichte die Noten der schwedischen Reitersignale, eine harmonisierte Fassung der schwedischen Reitersignale und einen daraus von Theodor Grawert komponierten Schwedischen Reitersignalmarsch enthält.

 

1910 erscheint die 4. Auflage dieses Heftes sowie eine Grammophonplatte mit den drei genannten Musikstücken.

 

1919 verstirbt Dr. Bitthorn.

 

Das Heft „Geschichte der schwedischen Reitersignale“ von Dr. Bitthorn ist in Archiven und Bibliotheken noch vorhanden.

In Delitzsch sind aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges die Noten der Trompetensignale eines schwedischen Reiterregimentes überliefert, sowie die dürftige Information, dass mit diesen schwedischen Reitersignalen die Stadt Delitzsch aus großer Gefahr errettet wurde.

Im Bestand des Museums Barockschloss Delitzsch befindert sich die vielleicht einzige noch erhaltene Grammophonplatte mit den schwedischen Reitersignalen von 1910.

„Die alten Schweden von 1637“, Historische Gruppe im „TCL 1969“ e.V., Delitzsch

 

Die schwedischen Reitersignale

 

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Ansichtskarte von 1910